Gottes großes "Ja"

Brücke
Foto: Bek-Baier

Bei der Treue Gottes, unser Wort an euch ist nicht Ja und Nein zugleich. Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern das Ja war in ihm. Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre.

                      2. Kor 1,18–20

Unser Wort an euch ist nicht Ja und Nein zugleich – sagt Paulus. Der Ton klingt verletzt. Offensichtlich wirft man ihm Unaufrichtigkeit in der Gemeinde in Korinth vor. Irgendwas in der Kommunikation seiner Reisepläne nach Korinth scheint schiefgegangen zu sein. Und nun wird Paulus grundsätzlich: Jesus Christus war nicht Ja und Nein zugleich, sondern in ihm war ein klares Ja.

larheit im Inhalt fordern alle – das kenne ich als Bischof ganz genau. In den Briefen, die ich bekomme, gehört das zu den Standardwünschen. Welchen Inhalt ich als Bischof vertreten soll, darüber sind die Meinungen allerdings komplett gegensätzlich. Die einen sagen: „Stellen Sie Jesus Christus ins Zentrum anstatt sich so oft zur Politik zu äußern!“ Und die anderen sagen: „Wenn wir unseren Glauben an Christus wirklich ernst nehmen, dann müssen wir klar Stellung beziehen, auch in politischen Fragen! Also: beziehen Sie Position!“ Woran also orientieren, wenn das so unterschiedlich mit Inhalt gefüllt werden kann, was Klarheit bedeutet?

Aus meiner Sicht ist die Antwort nicht schwer: immer wieder auf die Bibel hören. In den Tagen vor Weihnachten hören wir etwa die Worte der Maria in dem Lobgesang, den sie anstimmt, nachdem der Engel Gabriel ihr angekündigt hat, dass sie den Heiland gebären wird: „Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.“ Welche Briefe oder Mails oder Social-Media-Kommentare wohl Maria deswegen bekommen hätte, wenn es das damals schon gegeben hätte?

Auch die Unklarheit in der sozialen Kommunikation kennen wir genau. Direkt zu sagen, was wir denken, hilft Missverständnisse zu vermeiden. So oft werden Konflikte genau deswegen destruktiv, werden Verletzungen zu einer nachhaltigen Belastung der Beziehungen, weil unklar kommuniziert wird und eine Kette von Missverständnissen entsteht. Ganz offensichtlich hatte Paulus genau damit zu tun, als er den Korinthern über das klare Ja und das klare Nein schrieb.

Nicht immer ist Unklarheit aber etwas Schlechtes. Wenn wir jemandem begegnen und eine unmittelbare Intuition der Ablehnung empfinden, macht es dann wirklich Sinn, das in aller Klarheit zum Ausdruck zu bringen? Ist es nicht viel besser, sich bedeckt zu halten und dem Anderen eine Chance zu geben? Eines bleibt indessen auch und gerade dann klar: dass die Liebe den Ton angibt.

Das ist das Entscheidende in den Worten des Paulus. Sie entwickeln ein klares Gefälle hin zu dem Ja – dem Ja in Christus. Und dieses Ja ist die menschgewordene Liebe Gottes: „Das Ja war in ihm. Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja.“ Da kommen die Klarheit im Inhalt und die Klarheit in der sozialen Kommunikation zusammen.

Darum geht es. Hinter den vielen Neins, die wir in unserem Leben erfahren, steht am Ende Gottes großes Ja. Für einen jeden und eine jede von uns.

                   Heinrich Bedford-Strohm, Landesbischof

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