Glaube und Werke

Brücke
Foto: Bek-Baier

Was nützt es, meine Brüder und Schwestern, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten? Ihr seht, dass der Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein. Denn wie der Körper ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.
    

                     Jakobus 2,14–26

Eigentlich braucht dieser Text gar keine Andacht. Er ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten: Glaube ohne Werke ist tot, also: Tut was! Doch Moment: Das klingt für unsere protestantischen Ohren etwas sehr nach Werkgerechtigkeit und gerade die hat doch Luther entdeckt: Auf den Glauben kommt es an! Vielleicht hilft ein Blick in das Alte Testament weiter: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“ (Hab. 2,4) Also: Glauben hat mit Leben zu tun, ist nicht isoliert in der Kirchenbank zu finden.

Und vor allem: Der Glaube verändert das Leben. Und nun bin ich neugierig  geworden: Ist mein Glaube eine Aktion am Sonntag zwischen 10 und 11 und was passiert danach? Und wie ist es in unserer Kirche, auch im Umgang miteinander? Wird hier deutlich, dass es der Glaube ist, der uns miteinander verbindet? Wie steht es um unseren Glauben?

Meine Schüler der 8. Klasse einer Mittelschule können mit den alten Glaubensbekenntnissen wenig anfangen. Aber bei unserem Ausflug in die Kirche zünden die Jugendlichen dann doch alle eine Kerze an und denken in der Stille an einen lieben Menschen oder schicken ihre Gedanken nach weiter oben. Und der 15-jährige Tim sagt: „Vielleicht ist ja doch irgendwer da und hat zugehört.“ Der Versuch eines Vertrauens,  ein Ausprobieren ob etwas trägt.

Und ist das nicht schon der Weg zum Kern unseres Glaubens: Vertrauen in ein Gegenüber, das mir immer wieder zuruft „Fürchte dich nicht“. Dieses Wort kann uns  in persönlich schweren Zeiten Mut machen, in Zeiten von Krankheit und Trauer, in Lebensängsten und am Rande des Todes. Aber wenn wir es ernst nehmen, dann kann daraus auch eine große Kraft erwachsen, die uns förmlich zum Handeln drängt.

Jesus selbst sagt unmissverständlich: „Wer den Willen meines Vater tut, ist mir Bruder und Schwester.“ Und was anders könnte dieses sein als ein „Dasein für andere“, wie es schon Dietrich Bonhoeffer von seiner Kirche gefordert hat. Ich glaube, gerade in unserer Kirche des Wortes tun wir gut daran, den Blick wieder stärker auf das Handeln zu richten.

Vor kurzem störte ein sichtlich armer und etwas verwirrter Mann den Gottesdienst. Er ging vor zum Altar, redete wild gestikulierend mitten in das Orgelspiel hinein und ging dann wieder nach draußen. Alle atmeten auf. Dann sah ich, wie eine ältere Dame aufstand und ebenfalls nach draußen ging. Und nach dem Gottesdienst fand ich beide im Gespräch noch immer vor der Kirche stehen. Für mich ist diese Frau zu einem Vorbild geworden: Meine Kirchenbank verlassen und das tun, was die Not wendet. Dies ganz im Sinne von Albert Schweitzer: „Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht.“

                        Kirchenrat Oliver Spilker, Landshut