Taufe der Turbanträger

Tabih Alsohairy
Tabih Alsohairy. Foto: Borée

Mandäer glauben an das Licht - und müssen dunkle Verfolgungen erfahren

Menschen in wallenden, weißen Gewändern schreiten langsam zur Pegnitz. Am Ufer des Flusses halten sie nicht an. Sie richten noch einmal den ebenfalls weißen Turban, verhüllen ihre orientalisch anmutenden Häupter, manche auch ihre langen Bärte. Dann schreiten sie langsam weiter - mitten in den Fluss hinein. Sobald es die Temperaturen irgendwie zulassen, tauchen sie in ihm ein.

Eine Radfahrerin stoppt scharf auf dem Uferweg. Unsicher schaut sie sich um: Geheime Rituale von Orientalen? Bedrohliche Bräuche?

Ganz im Gegenteil! Sabih Alsohairy kann den Irrtum schnell aufklären. Denn es sind friedliebende Mandäer, die eine Taufzeremonie durchführen. Sie selbst sind zunehmend Opfer von Gewalt. Gerade in ihrer ursprünglichen Heimat, dem Irak, geraten sie zwischen alle Fronten. Dies umso mehr, da den Mandäern jegliche Ausübung von Gewalt verboten ist. Wer kann, geht. Da gibt es dann Berichte aus dem Irak, dass etwa die Vergewaltigung einer Mandäerin nicht etwa ein Rechtsverstoß, sondern geradezu eine begrüßenswerte Tat sei, um diese Frau zu reinigen. Entführungen und Morde sind inzwischen wohl alltäglich.

Die Mandäer halten heilige Schriften in Ehren und glauben an einen Gott, den sie "Lebendiger" nennen. Trotzdem ist offenbar im Islam umstritten, ob sie wie Juden und Christen als Vertreter einer Buchreligion gelten können. Denn so würden die Mandäer oder Sabäer (Täufer), wie Moslems sie nennen, zumindest rudimentären Schutz erhalten. Je radikaler die islamischen Gruppierungen, so wohl die traurige Faustregel, desto eher wird dies verneint.

So gibt es in ihrer einstigen Heimat wohl nur noch wenige Hundert der weltweit rund 70.000 Mandäer. Genaue Zahlen kennt selbst Sabih Alsohairy nicht. Der 74-Jährige engagiert sich als Gemeindevorsitzende der Mandäischen Gemeinde in Deutschland. Bis nach Deutschland haben es wenige tausend Gläubige geschafft. Die meisten Mandäer leben heute in Australien, Schweden oder den Niederlanden.

Auch im Vergleich zu den Jesiden, zu denen mehr als elfmal so viele Gläubige gehören, sind die Mandäer in einer viel schwächeren Position. Mandäer arbeiteten traditionell als Gold- und Silberschmiede oder Juweliere, was sie wohl nicht beliebter macht. Sie lehnen eigene Gewalt vollständig ab. Zumindest erkennt Deutschland inzwischen immer mehr mandäische Flüchtlinge an. 

Was erwartet sie in Deutschland? => weiter

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